Wie funktioniert die papierlose Fertigung?

Die papierlose Fertigung ist ein zentraler Baustein der digitalen Transformation und spielt eine entscheidende Rolle in der Umsetzung von Industrie 4.0. Ziel ist es, alle Fertigungsprozesse vollständig digital abzuwickeln und auf Papierdokumente wie Laufkarten, Arbeitspläne, Entnahmelisten oder Rückmeldungen konsequent zu verzichten. Trotzdem arbeiten viele Unternehmen noch immer mit papiergestützten Prozessen, obwohl die technologischen Möglichkeiten längst vorhanden sind.
Wann ist eine Fertigung wirklich papierlos?
Papierlose Fertigung bedeutet weit mehr, als Dokumente einfach einzuscannen und in PDF-Form bereitzustellen. Eine Produktion gilt erst dann als wirklich papierlos, wenn alle relevanten Informationen interaktiv, in Echtzeit, vollständig digital verfügbar und jederzeit aktuell sind. Zudem müssen Rückmeldungen elektronisch erfolgen und automatisch in das führende System zurückfließen.
Ein reines Dokumentenmanagement-System (DMS) reicht für eine papierlose Fertigung nicht aus. Vielmehr geht es darum, sämtliche Arbeitsanweisungen, Zeichnungen, Materialentnahmelisten und Statusmeldungen direkt digital zu steuern und auf mobilen oder stationären Endgeräten darzustellen.
Wichtige Bausteine der papierlosen Fertigung
In der klassischen Produktion entstehen schon zu Beginn eines Auftrags viele Papierdokumente, die an die Fertigung übergeben werden. Begleitzettel, Laufkarten und manuelle Rückmeldeformulare führen zu Ineffizienzen, Fehleranfälligkeit und Medienbrüchen. Die papierlose Fertigung ersetzt diese durch digitale Lösungen. Wichtige technische und organisatorische Komponenten sind:
- ERP-System als führendes System: Das ERP übernimmt die zentrale Steuerung, legt Fertigungsaufträge an, verwaltet Stücklisten, Arbeitspläne und Ressourcen und stellt diese digital bereit.
- Produktionsplanung und -steuerung (PPS): Unterstützt eine präzise Feinplanung, terminierte Auftragsfreigaben und transparente Statusverfolgung.
- Mobile Endgeräte: Tablets, Industrie-Terminals, Scanner oder Smart Devices dienen zur Anzeige von Aufträgen, Zeichnungen und Rückmeldungen direkt an der Linie oder am Arbeitsplatz.
- Barcode-, RFID- oder NFC-Technologien: Diese ermöglichen eine schnelle, fehlerfreie Erfassung und Rückmeldung von Arbeitsschritten, Materialentnahmen und Auftragszuständen.
- CAD- und PDM-Integration: Konstruktionen und Produktdaten werden direkt ins ERP eingebunden, sodass aktuelle Versionen immer digital und interaktiv bereitgestellt werden.
- Stabile Netzwerkinfrastruktur: Eine performante und sichere LAN- oder WLAN-Abdeckung ist Voraussetzung, um Daten in Echtzeit zu übertragen.
ERP als Fundament der papierlosen Fertigung
Das ERP-System ist das Herzstück der papierlosen Fertigung. Statt Aufträge in Papierform zu drucken, werden alle relevanten Daten elektronisch an die Fertigung übergeben. Stücklisten, Zeichnungen, Arbeitsgangdetails und Montageanleitungen sind digital abrufbar und jederzeit aktuell.
Arbeiter und Maschinenführer scannen Aufträge per Barcode oder RFID-Chip ein und erhalten automatisch alle notwendigen Informationen. Über dieselben Kanäle können auch Rückmeldungen erfolgen, wodurch jederzeit ein aktueller Status im ERP ersichtlich ist. Zusätzlich können Maschinendaten direkt erfasst und integriert werden, um eine noch höhere Transparenz und Prozesssicherheit zu erreichen.
IT-gestützte Materialentnahme
Auch die Materialbereitstellung kann papierlos gestaltet werden. Pick-by-Light- oder Pick-by-Vision-Systeme zeigen Lagerplätze digital an, und Entnahmen werden per Scanner oder Knopfdruck quittiert. Dadurch lassen sich Fehler reduzieren und Suchzeiten minimieren.
Vorteile der papierlosen Fertigung
Die papierlose Fertigung bietet zahlreiche betriebliche und strategische Vorteile:
- Höhere Effizienz: Durchgängige digitale Prozesse beschleunigen die Produktion und reduzieren Bearbeitungszeiten.
- Fehlervermeidung: Medienbrüche und manuelle Übertragungsfehler entfallen, was die Qualität erhöht.
- Kosteneinsparung: Wegfall von Druck- und Papierkosten sowie reduzierter Aufwand für Archivierung und Dokumentation.
- Erhöhte Flexibilität: Änderungen an Aufträgen oder Arbeitsplänen lassen sich sofort digital umsetzen.
- Echtzeit-Transparenz: Alle Beteiligten wissen jederzeit, in welchem Status sich ein Auftrag befindet.
- Voraussetzung für Industrie 4.0: Die papierlose Fertigung ist die Basis für automatisierte, selbstoptimierende Produktionsprozesse (Smart Factory).
Herausforderungen und Voraussetzungen
Die Umstellung auf eine papierlose Fertigung stellt Unternehmen vor einige Herausforderungen. Insbesondere die IT-Sicherheit spielt eine zentrale Rolle: Produktionssteuerung und Daten müssen vor Manipulation und unbefugtem Zugriff geschützt werden. Zudem ist eine stabile Netzwerk-Infrastruktur unerlässlich, um Daten zuverlässig in Echtzeit zu übertragen.
Darüber hinaus erfordert die Einführung ein Umdenken bei den Mitarbeitenden sowie Schulungen zur Nutzung der neuen digitalen Tools. Ein schrittweises Vorgehen hat sich dabei bewährt: Teilprozesse werden nach und nach digitalisiert und papierbasierte Systeme schrittweise abgelöst.
Fazit: Zukunft der Produktion ist papierlos
Die papierlose Fertigung ist weit mehr als ein Trend — sie ist eine zentrale Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit produzierender Unternehmen. Eine vollständige Digitalisierung der Fertigungsprozesse führt nicht nur zu höherer Effizienz und geringeren Kosten, sondern ermöglicht auch neue Geschäftsmodelle und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit.
Unternehmen, die frühzeitig auf papierlose Fertigung setzen, schaffen damit die Grundlage für eine flexible, vernetzte und intelligente Produktion und stellen wichtige Weichen Richtung Smart Factory.