Pflichtenheft: Die Basis für die ERP-Auswahl
Die Erstellung eines Pflichtenhefts ist ein wichtiger Bestandteil der ERP-Auswahl. Denn in diesem Dokument gibt der ERP-Anbieter – auf Basis von Informationen des einführenden Unternehmens – genauere Spezifikationen des ERP-Systems an. Entscheidet sich das Unternehmen später für diesen ERP-Anbieter, geht das Pflichtenheft in den gemeinsamen Vertrag über.
Konkret regelt das Pflichtenheft das „Wie“ und „Womit“. Der Anbieter macht hier direkte Vorschläge, wie sich die Anforderungen des Unternehmens an Enterprise Resource Planning in der Praxis umsetzen lassen.
Was ist ein Pflichtenheft und wie unterscheidet es sich zum Lastenheft?
Das Pflichtenheft definiert die Spezifikationen eines ERP-Systems, die vom Anbieter in dieser Form geliefert werden. Insofern werden einzelne Leistungen und Pflichten des ERP-Anbieters relativ detailliert definiert, zu denen auch bereits Zeitpunkte für die Umsetzung des Projekts und ein erster Go-Live-Termin gehören. Somit kann das Pflichtenheft als vertragliche Grundlage und Maßstab für die Gewährleistung angesehen werden. Wichtig: Die Erstellung des Pflichtenhefts durch den ERP-Anbieter bedingt noch keinen direkten Vertragsabschluss.
Der Begriff des Lastenhefts wird oft synonym mit dem des Pflichtenhefts verwendet. Doch beide Dokumente unterscheiden sich grundlegend voneinander:
- Lastenheft: Für die Erstellung des Lastenhefts ist der Auftraggeber intern verantwortlich. Zum Zeitpunkt der Erstellung wurde auch noch kein Kontakt mit ERP-Anbietern aufgenommen. Im Dokument werden die unternehmenseigenen Anforderungen an die künftige ERP-Software definiert. Das Lastenheft beschreibt also das „Was“ und „Wofür“.
- Pflichtenheft: Unternehmen wissen nach Erstellung des Lastenhefts, was sie wofür benötigen. Auf dieser Basis suchen sie nach ERP-Anbietern. Gemeinsam mit dem potenziellen Auftragnehmer wird jetzt auf Grundlage des Lastenhefts besprochen, welche Anforderungen der Auftraggeber stellt. Diese Informationen nutzt der ERP-Anbieter, um dann ein – für ihn – verbindliches Pflichtenheft zu erstellen. Hierin wird ein konkreter Umsetzungsvorschlag für das „Was“ und „Wofür“ gemacht, das heißt es wird beschrieben „Wie“ die Anforderungen umgesetzt und gelöst werden sollen.
Die Inhalte eines Pflichtenhefts
Im Pflichtenheft legt der Anbieter genau dar, wie er die Forderungen aus dem Lastenheft technisch umsetzen möchte. Dabei werden zunächst die allgemeinen Leistungen etwa in Bezug auf mögliche Anpassungen, die übernommen werden, beschrieben. Auch in welchen Sprachversionen das ERP-System verfügbar sein soll, definiert das Unternehmen in diesem Teil.
Anschließend liefern die ERP-Anbieter einen Überblick über Funktionen und Systemmodule, die für den Auftraggeber aufgrund seiner Anforderungen in Frage kommen. Dazu gehören etwa ein Business Process Management oder das übergeordnete Modul E-Commerce. Zudem werden klare Anwendungsmodule beschrieben, zu denen etwa die folgenden drei gehören können:
- Fertigung: Das Modul Fertigung kann sowohl die eigentliche Fertigungssteuerung als auch die Feinplanung vereinfachen. Auf Basis von Echtzeitdaten werden etwa Kapazitäten geplant oder auf Engpässe reagiert.
- Finanz- und Rechnungswesen: Mit ERP können Unternehmen etliche Prozesse in der Buchhaltung automatisieren. So können beispielsweise direkt Rechnungen erzeugt werden, wenn in der Fertigung Produkte fertiggestellt und ausgeliefert werden.
- Materialwirtschaft: Dank ERP können Unternehmen die Materialwirtschaft in die generelle und abteilungsübergreifende IT-Infrastruktur einbinden. So können etwa Vertriebler auf aktuelle Lieferzeiten in der Fertigung zugreifen. Zudem können Unternehmen beispielsweise ihren Materialbedarf besser planen und die Inventur weitestgehend automatisieren.
Welche Leistungen ein ERP-Anbieter beispielsweise in seinem CRM-Modul anbietet, findet sich im Pflichtenheft wieder. Dabei listet der Anbieter die Anforderungen des Unternehmens noch einmal im Detail auf, um seine Lösungen hiermit übersichtlich verbinden zu können.
Wer erstellt das Pflichtenheft – und wer bekommt es?
Erstellt wird das Pflichtenheft immer vom Auftragnehmer, also dem ERP-Anbieter. Grundsätzlich sollten Auftragnehmer und Auftraggeber hier aber recht eng zusammenarbeiten. So kann Missverständnissen und Nachbesserungsaufwand vorgebeugt werden. Ist das Lastenheft bereits erstellt, kann das Pflichtenheft in folgenden drei Schritten entwickelt werden:
- Kennenlernen
Die ERP-Implementierung ist ein zeitintensives Projekt, bei dem Anbieter und Projektteam eng miteinander arbeiten müssen. Um die ERP-Auswahl nicht zu überstürzen, sollte daher ein Kennenlern-Termin mit dem Anbieter vereinbart werden. Hier prüft das Projektteam, ob der Anbieter die grundsätzlichen Anforderungen im Lastenheft erfüllen kann und das „Bauchgefühl“ stimmig ist. - Workshop
Verlief das Aufnahme-Gespräch positiv, wird der Anbieter intern auf Basis des Lastenhefts des Kunden und der gesammelten Informationen aktiv werden. Er bereitet einen Workshop vor, in dem individuelle Lösungsansätze und passgenaue Prozesse für das Unternehmen entwickelt werden. Dadurch kann das Projektteam jetzt genau bewerten, welche Leistungen und Kompetenzen der ERP-Anbieter in die Implementierung einbringen wird. - Angebot
Im dritten Schritt unterbreitet der Anbieter konkrete Angebote für das ERP-System und erstellt das Pflichtenheft, nachdem sich das Team intern nochmal beraten hat.
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Die Vorauswahl geeigneter ERP-Anbieter erfordert die Erstellung eines Lastenhefts
Der ERP Planner zeigt Ihnen einfach und kostenlos, wie die intern geforderten Spezifikationen eines potenziellen ERP-Systems im Lastenheft abgebildet werden können.
Warum ist ein Pflichtenheft überhaupt notwendig?
Die Erstellung des Pflichtenhefts ist gleich aus mehreren Gesichtspunkten absolut notwendig. So dient es dazu, dem Unternehmen aufzuzeigen, welche Leistungen das ERP-System des jeweiligen Anbieters liefern kann. Es bildet damit eine fundierte Bewertungsgrundlage für eben diese Leistungen, bei der es keinen Interpretationsspielraum gibt. Das intern verantwortliche Projektteam für die ERP-Auswahl und Einführung kann so entscheiden, ob der Anbieter und die Lösung wirklich zu den eigenen Anforderungen passen.
Zudem ist das Pflichtenheft verbindlich. Entscheidet sich das Unternehmen zur Zusammenarbeit mit dem ERP-Anbieter, kommt es zu keinen Nachverhandlungen. Alle Module und ihre Spezifikationen müssen so auch wirklich implementiert werden.
Fazit: Pflichtenheft als Basis für die ERP-Auswahl
Den ERP-Auswahlprozess leiten Unternehmen mit der (internen) Erstellung des Lastenhefts ein. Hierin geben sie genau an, was das ERP-System können muss. Auf Basis dieser Anforderungen lässt sich bereits eine Vorauswahl von geeigneten Anbietern treffen. Nach ersten Gesprächen erstellen diese Anbieter dann ein Pflichtenheft, in denen die Umsetzung der Unternehmens-Anforderungen detailliert beschrieben wird. Weil die Spezifikationen im Pflichtenheft verbindlich sind, muss der ERP-Anbieter diese Leistungen bei einem Vertragsabschluss auch wirklich erbringen.