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Materialbedarfsplanung: So stellen Sie mit ERP-Anwendungen eine optimale Verfügbarkeit sicher

Eine wesentliche Aufgabe der Materialwirtschaft ist die Sicherstellung der Versorgung eines Betriebs mit Materialien, die für Produktion und Kundenbedarfe benötigt werden. Sowohl Materialmängel als auch zu hohe Bestände sollen möglichst vermieden werden. ERP-Anwendungen nutzen hierfür verschiedene Methoden der Materialbedarfsplanung.

Abhängig von der Ausprägung und Anwendung des Systems lässt sich ein hoher Automatisierungsgrad erreichen. Worauf es im Detail ankommt, lesen Sie in diesem Artikel.

 

 

 

Materialwirtschaft: Aufgaben und Ziele im Überblick

Die Kernaufgabe der Materialwirtschaft ist die Planung und Steuerung von Warenströmen, die zwischen einem Unternehmen und seinen Lieferanten, Kunden, internen Bedarfsstellen und dem Lager fließen. Des Weiteren erfüllt die Materialwirtschaft verschiedene Funktionen, zu denen beispielsweise die Materialbedarfsplanung, die Lagerung, die Intralogistik und die Verbrauchsermittlung zählen. Zudem besteht eine direkte Beziehung zur Produktionsplanung, welche sich unmittelbar auf die Bedarfsplanung auswirkt.

Die Ziele der Materialwirtschaft lassen sich grob in zwei Bereiche einteilen. Zunächst existieren formale Ziele. Hierzu zählt die Senkung der Mittelbindung, der Lagerkosten und des Lagerrisikos durch geringe Bestände. Dem gegenüber sollen Fehlmengen ebenfalls vermieden werden. Sachziele befassen sich hingegen mit einer optimalen Befriedigung des Materialbedarfs. Zusammengefasst lautet hier die Faustregel: Materialien müssen in der richtigen Art und Qualität zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar sein.

Klassische Vorgehensweisen bei der Materialbedarfsplanung

Die Materialbedarfsplanung untergliedert sich in mehrere Teilbereiche. Besonderer Bedeutung kommt der sogenannten Bedarfsermittlung zu. Das Ziel ist hierbei die möglichst genaue Ermittlung zukünftig auftretender Materialbedarfe. Grundsätzlich lassen sich zwei Vorgehensweisen unterscheiden:

  • programmorientierte Bedarfsermittlung
  • verbrauchsorientierte Bedarfsermittlung

Betrachten wir diese beiden Verfahren im Folgenden etwas näher.

Programmorientierte Bedarfsermittlung

Im Rahmen der programmorientierten Bedarfsermittlung wird der künftige Bedarf anhand eines bestehenden Produktions- oder Absatzprogramms ermittelt. Häufig wird hierbei auch vom sogenannten Primärbedarf gesprochen. Im klassischen Produktionsunternehmen werden außerdem Stücklisten oder Teilverwendungsnachweise und Arbeitspläne hinzugezogen, um das herzustellende Produkt in seine Einzelteile zu zerlegen.

Hieraus ergibt sich der Sekundärbedarf, bestehend aus Baugruppen, Einzelteilen sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen (Bruttobedarf). Nun kann ein Abgleich mit bereits verfügbaren Materialbeständen vorgenommen werden, aus dem sich letztlich der Nettobedarf ergibt.

Verbrauchsorientierte Bedarfsermittlung

Bei der verbrauchsorientierten Bedarfsermittlung wird der Bedarf auf Basis von Verbräuchen der Vergangenheit prognostiziert. Dies erfolgt grundsätzlich unter der Annahme, dass sich der zukünftige Bedarf analog des historischen Bedarfs entwickeln wird. Zur Anwendung kommen verschiedene statistische Methoden, die sich durch mehrere Parameter justieren lassen.

Dieses Verfahren kommt besonders bei der Planung geringwertiger Güter und in der Konsumgüterindustrie, jedoch auch beim Ersatzteilbedarf, zur Anwendung. Annähernd jede ERP-Lösung unterstützt die Methode.

Materialbedarfsplanung mit ERP

Materialbedarfsplanung ist seit der Entstehung von ERP-Anwendungen eine zentrale Komponente. Die ersten Systeme, welche bereits in den 1970er Jahren verfügbar waren, beschränkten sich sogar ausschließlich auf diese Aufgabenstellung. Erst später wurde auch die Produktionsplanung und -steuerung integriert.

Heute decken ERP-Systeme annähernd alle Unternehmensbereiche ab. Entsprechend lässt sich ein harmonisches Zusammenspiel zwischen Verkauf, Produktion, Materialwirtschaft und Einkauf realisieren.

Materialbedarfsplanung als wesentlicher Bestandteil der Disposition

Die Materialbedarfsplanung ist innerhalb einer ERP-Lösung in die Disposition eingebettet. Funktioniert diese reibungslos, so ist eine optimale Materialverfügbarkeit sichergestellt. Dies bewirkt wiederum eine hohe Termintreue und kurze Durchlaufzeiten. Zudem lassen sich Bestände und Lagerkosten durch präzise Planung optimieren.

Bereits ab einer geringen Menge produzierter Artikel und benötigter Materialien ist es nicht mehr möglich, die Bedarfe und Bestände manuell zu überwachen. Eine automatische oder zumindest teilautomatische Disposition gehört daher heute zum Standard.

Disposition muss korrekt eingesetzt werden

Häufig begehen Unternehmen den Fehler, „auf Sicherheit zu spielen“. Sie planen mit höheren Melde- und Sicherheitsbeständen, höheren Planzahlen, längeren Lieferzeiten oder höheren Mindestlosgrößen, als dies eigentlich erforderlich wäre. Die Folge sind zwangsläufig unnötig hohe Bestände und Kosten. Diese Problematik lässt sich umgehen, wenn die Dispositionsparameter der ERP-Lösung optimal eingestellt werden.

Die Basis für eine optimale Bedarfsermittlung und Disposition bildet eine korrekte Klassifizierung von Materialien. Hierfür stehen in ERP-Anwendungen Kriterien wie ABC-Merkmale, Lebenszykluskennzeichen, Beschaffungskennzeichen oder unternehmensindividuelle Merkmale zur Verfügung. Bei wichtigen Artikeln sollten zudem Informationen bezüglich der Lieferzeit, der Losgröße, der Dispositionsmethode, der Planungsstrategie, der angestrebten Lieferbereitschaft und des Mindestbestands gepflegt werden.

Selbstverständlich müssen die eingestellten Parameter fortlaufend aktualisiert und an veränderte Bedingungen angepasst werden. Eine gute ERP-Lösung stellt hierfür Reports im Bereich der Materialwirtschaft zur Verfügung. Diese geben beispielsweise Aufschluss darüber, wie sich der Verbrauch eines Artikels langfristig entwickelt hat.

Eine Fehlteileanalyse beantwortet die Frage, bei welchen Materialien Engpässe aufgetreten sind. Kennzahlen wie eine überdurchschnittliche Lagerreichweite oder vom Standard abweichende Umschlagshäufigkeit sind ebenfalls Indikatoren für suboptimale Bestände. Einzelne Anbieter haben gar spezielle Dispositionsreports integriert, welche exakt aufzeigen, wo Problemstellen innerhalb der Disposition vorhanden sind.

Zusammenspiel von Materialwirtschaft und Einkauf im Rahmen der Digitalisierung

Die voranschreitende Digitalisierung macht auch vor den Bereichen Materialwirtschaft und Einkauf nicht Halt. Wurden eine weitgehend automatische Materialbedarfsplanung und Disposition implementiert, ist eine wichtige Komponente zur Realisierung papierloser Prozesse ohne manuelle Eingriffe bereits vorhanden. Selbstverständlich müssen die ermittelten Bedarfe in Form von Bedarfsmeldungen oder Bestellanforderungen elektronisch an den Einkauf übermittelt werden.

Im Optimalfall bestehen für alle wichtigen Artikel bereits Rahmenvereinbarungen mit Lieferanten, in denen Konditionen und Lieferzeiten festgelegt und in der ERP-Lösung abgebildet sind. Ist dies der Fall, so können Abrufe theoretisch ohne manuelle Eingriffe erfolgen. Voraussetzung ist natürlich, dass der Lieferant in der Lage ist, elektronische Bestellungen zu verarbeiten. Abgerundet wird der vollständig digitale Prozess am Ende durch eine digitalisierte Rechnungsstellung und -weiterverarbeitung.

Fazit: ERP trägt entscheidend zur Versorgungs- und Bestandsoptimierung bei

Optimale Bestände und Materialverfügbarkeiten sind ohne den Einsatz von ERP-Anwendungen nicht realisierbar. Nur wenn sämtliche Unternehmensbereiche, darunter der Verkauf, die Produktion, die Lagerhaltung und der Einkauf, in einem zentralen System abgebildet sind und auf Basis gemeinsamer Stammdaten agieren, ist eine perfekte Materialbedarfsplanung realisierbar.

Liefert die ERP-Lösung darüber hinaus transparente Reports aus dem Bereich der Materialwirtschaft, so lassen sich Dispositionsparameter fortlaufend optimieren, ohne dass der Arbeitsaufwand überhandnimmt.

Materialbewegungen finden keineswegs nur unternehmensintern, sondern über die Unternehmensgrenzen hinweg statt. Selbstverständlich sind auch Lieferanten und Kunden Teil des Warenstroms. Eine ERP-Lösung dient in diesem Kontext dazu, Daten aus dem Gesamtprozess auf einer Plattform zusammenzuführen. Dies ist wiederum die notwendige Ausgangsposition für eine Digitalisierung der Wertschöpfungskette.

Bei Analysen wird es künftig möglich sein, auch Daten aus externen Quellen zu berücksichtigen, sodass die Präzision der Bedarfsplanung weiter zunimmt und Konzepte wie „Just in time“ noch zuverlässiger ausgestaltet werden können.

 

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