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Vorausschauende Instandhaltung bewahrt vor Maschinenausfällen

Predictive Maintenance oder vorausschauende Wartung gilt als eine der Schlüsselinnovationen der Industrie 4.0. Zu diesem Ergebnis kam Anfang 2017 eine Studie von VDMA, Deutsche Messe AG und Roland Berger.

Die Befragung von mehr als 150 deutschen Maschinenbau-Unternehmen ergab, dass präventive Instandhaltungsstrategien ein Top-Wettbewerbsfaktor sind. Jeder fünfte Maschinenbauer beschäftigt sich bereits damit und jeder zweite hält sie für einen wichtigen Erfolgsfaktor.

 

 

 

Was ist vorausschauende Instandhaltung?

Aus dem englischen Sprachraum sind zwei Instandhaltungsstrategien bekannt: Predictive Maintenance (PdM) und Preventive Maintenance (PM). Das erste bedeutet vorausschauende Wartung oder vorausschauende Instandhaltung, das zweite vorbeugende Wartung oder vorbeugende Instandhaltung.

Was ist nun der Unterschied zwischen diesen beiden Instandhaltungsstrategien? Grob gesagt versucht die vorausschauende Instandhaltung, nur die riskanten Probleme zu verhüten, während die vorbeugende Instandhaltung jede Art von Problemen zu verhüten versucht.

Vorausschauende versus vorbeugende Instandhaltung

Preventive Maintenance oder vorbeugende Instandhaltung ist die Wartung und Pflege technischer Anlagen. Das Ziel ist es, die Maschinen in gutem Betriebszustand zu erhalten, um Ausfällen vorzubeugen. Folgende Arbeiten gehören zur vorbeugenden Wartung:

  • vorgeschriebene oder routinemäßige Inspektionen
  • Systemtests
  • Austausch von Verschleißteilen
  • Reinigung und Schmiermittel bzw. Ölwechsel
  • Messung der Leistungsdaten
  • Dokumentation des Erhaltungs- bzw. des Verschleißzustands

Diese Aufgaben der vorbeugenden Instandhaltung hat es schon immer gegeben, unabhängig von Robotik, IoT und Digitalisierung. Allerdings sind heute die Möglichkeiten zur Erhebung und Analyse von Daten, die Maschinenfunktion und Produktionsprozesse betreffen, ungleich besser als noch vor einigen Jahren oder Jahrzehnten.

Und dies führt uns zum Thema Predictive Maintenance oder vorausschauende Instandhaltung.

Diese umfasst alle Aspekte der vorbeugenden Instandhaltung, allerdings auf eine Weise, die Kosten minimiert. Wodurch? Ganz einfach dadurch, dass die Wartung nur durchgeführt wird, wenn sie tatsächlich notwendig ist.

Diese Vorgehensweise minimiert Maschinenausfälle (Downtime), reduziert aber gleichzeitig den Aufwand an Arbeitszeit, Ersatzteilen, Lagerkosten und sonstigen Wartungskosten. Es werden nicht vorbeugend alle möglichen Wartungsarbeiten ausgeführt, sondern nur insoweit, als tatsächlich ein Bedarf dafür existiert.

Wie ist das möglich? Wie bereits erwähnt: durch die laufende Überwachung und Analyse von Mess- und Arbeitsdaten durch digitale Systeme – auch als Condition Monitoring bezeichnet.

Zustandsüberwachung durch digitale Systeme

Die softwaregestützte Zustandsüberwachung (Condition Monitoring) von Maschinen oder Anlagen kann beispielsweise folgende Daten erfassen:

  • Druck
  • Feuchtigkeit
  • Geräuschlevel
  • Durchlaufzeiten
  • Energieverbrauch
  • Abgase
  • Abwärme

Diese und/oder weitere Zustandsdaten – je nach der überwachten Anlage oder Maschine – werden über Sensoren oder integrierte Mess-Vorrichtungen laufend kontrolliert und protokolliert.

Im Vergleich zu den historisierten Verlaufsdaten können Abweichungen in Echtzeit erkannt und bewertet werden. Meist ist es in Ordnung, wenn die Werte eine gewisse Schwankungsbreite aufweisen, aber wenn erste Ausschläge über diesen Wertebereich hinausgehen, könnte das ein Gefahrensignal sein.

Die Bündelung von Messwerten erlaubt eine softwaregestützte Systemanalyse und Diagnose, eventuell auch bereits mit Vorschlägen für Gegenmaßnahmen. Doch ab einem bestimmten Punkt wird eine entsprechende Warnung an den zuständigen Techniker abgesetzt.

Real existierende Probleme beheben

Letztlich ist es Aufgabe des Operators oder Wartungstechnikers, zu entscheiden, ob und welche Maßnahmen aufgrund einer solchen Warnmeldung eingeleitet werden müssen. Jedenfalls erhält er genügend strukturierte Daten, um sich ein Bild davon zu machen, was tatsächlich passiert, anstatt wie früher „auf Verdacht“ seine Wartungsarbeiten auszuführen. Genau dies ist der Sinn der vorausschauenden Instandhaltung. Das Wartungsteam führt nur die sinnvollen Arbeiten aus, anstatt Probleme zu beheben, die gar keine sind.

Mehrwert der vorausschauenden Instandhaltung

Die geniale Idee, nur solche Probleme zu vermeiden, die tatsächlich welche sind, hat eine Fülle von Vorteilen.

  • Personalaufwand wird eingespart
  • Probleme werden schnell und genau erkannt
  • die Zustandsüberwachung wird durch Software-Unterstützung wesentlich verbessert und beschleunigt
  • Probleme werden schneller behoben
  • weniger Reparatur- und Ersatzteile müssen angeschafft und vorgehalten werden
  • Prozesse werden effizienter und die Durchlaufzeit wird verkürzt
  • Maschinen und Anlagen haben eine längere Lebensdauer

Unter diesem Blickwinkel betrachtet, dürften sich Investitionen in eine vorausschauende Instandhaltung rasch amortisieren.

Wie funktionieren Predictive Maintenance-Systeme?

Es ist natürlich ein Unterschied, ob Sie eine Serverfarm oder eine Produktionsstraße betreiben. Aber grundsätzlich bestehen PdM-Systeme aus Sensoren und einer Software. Die Sensoren erfassen Messwerte und übertragen diese, beispielsweise per Bluetooth, an die Condition Monitoring Software. Diese ist hoch konfigurierbar und lässt sich exakt an die zu wartenden Maschinen und Anlagen anpassen.

Die Software protokolliert die definierten Messdaten, überprüft den Wertebereich, vergleicht die Werte in Echtzeit mit historischen Daten und setzt sie zueinander in Beziehung. Aus diesen vernetzten und gebündelten Informationen können Diagnosen abgeleitet und Meldungen an die im System hinterlegten Verantwortlichen abgesetzt werden.

Neuer Schub durch IoT und Künstliche Intelligenz

Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) hat dem gesamten Konzept der vorausschauenden Intandhaltung neuen Schub gegeben. IoT basiert im Grunde auf denselben Grundlagen wie die Wartungsstrategien: Maschinen und Anlagen kommunizieren mit anderen Geräten oder Softwaresystemen, um Prozesse auszulösen, zu steuern oder zu verbessern.

So können Maschinen, die sich „schlecht fühlen“, die Grundlage ihres Unwohlseins erkennen und gleich beim Hersteller das notwendige Verschleißteil nachbestellen oder ihren Wartungstechniker anfordern. IoT läuft also darauf hinaus, dass das Werkstück der Maschine sagt, was sie mit ihm tun soll. Predictive Maintenance wiederum bedeutet, dass die Maschine selbsttätig die benötigten Wartungsarbeiten auslöst.

Eine weitere spannende Entwicklung der vorausschauenden Wartung wird durch Künstliche Intelligenz (KI) ermöglicht. KI ist besonders gut darin, Muster zu erkennen. Aus Mustern, die in einer großen Datenmenge – wie sie zum Beispiel Sensoren liefern – vorhanden sind, lernt die KI und verbessert laufend ihre Erkennungsgenauigkeit. Sie ist gut darin, Daten miteinander zu korrelieren. Diese Fähigkeiten sind ideal, um aus der Zustandsüberwachung von Maschinen immer genauere Diagnosen abzuleiten und immer differenzierter auf Zustandsänderungen reagieren zu können.

Gibt es Problemfelder?

Es soll nicht verschwiegen werden, dass Predictive Maintenance auch Einschränkungen haben kann. Das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetriebe und -automatisierung führt einige Gegenargumente ins Feld. So kann es zum Beispiel Probleme bei der Datenanalyse geben. Nicht jede Anlage lässt sich mit den Messeinrichtungen ausrüsten, die für eine präzise Problemerkennung und Diagnose notwendig wäre. Spezifische Betriebsdaten können den Rahmen der digitalen Anlagenmodelle übersteigen. Und manche Software ist damit überfordert, die richtigen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge herzustellen.

Der Fachkräftemangel ist ein weiterer Hemmschuh. Für eine vorausschauende Instandhaltung sind besonders qualifizierte Datenanalysten notwendig, die der Markt zurzeit nicht hergibt.

Doch trotz dieser Hemmnisse steht eines fest: Bei Schlüsselanlagen, die nicht redundant aufgestellt sind, amortisiert sich die Implementierung eines Predictive Maintenance-Systems oft schon, wenn nur ein einziger Produktionsstillstand verhindert wird.

Predictive Maintenance ist Teil von ERP

Was, wenn nicht die Anlagen und Maschinen, kann als Unternehmensressource (Enterprise Ressource) bezeichnet werden?

Selbstverständlich ist es sinnvoll, die umfangreichen Erkenntnisse aus dem Condition Monitoring und der Predictive Maintenance mit dem ERP-System eines Unternehmens zu vernetzen. Denn der Wartungszustand der Maschinen wirkt sich unmittelbar auf Prozesse und Projekte aus. Und ein Wartungstechniker, der mit Instandhaltung beschäftigt ist, kann nicht zugleich einer anderen Aufgabe zugewiesen werden. Unternehmen sollten daher beachten, dass entsprechende Schnittstellen zwischen dem PdM-System und dem ERP-System vorhanden sind.

 

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