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Fünf Kriterien: Wie wähle ich das richtige ERP System?

Sie haben sich entschieden, eine neue ERP-Software in Ihrem Unternehmen einzuführen und stehen jetzt vor der Herausforderung, das geeignete System auszuwählen. Sie möchten eine gut durchdachte Entscheidung treffen, weil Sie damit Weichen für die Zukunft stellen.

 

 

 

 

 

Zentrales Instrument für die Unternehmenssteuerung

Software für das Enterprise Resource Planning (ERP) gewährleistet die Effizienz, Transparenz und Konsistenz von Daten sowie Abläufen quer durch das Unternehmen. Vom Vertrieb über die Fertigungsplanung und -steuerung, Materialwirtschaft, Projekte bis hin zur Abrechnung und Finanzbuchhaltung deckt ein integriertes ERP-System fast die gesamte Wertschöpfungskette ab.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet…

Im Durchschnitt binden sich Unternehmen für sechs bis zehn Jahre an eine ERP-Lösung. Die sollte dann auch die Prozesse im Unternehmen optimal unterstützen – nicht nur heute, sondern auch für die absehbare Zukunft. In Abwandlung eines Schiller-Zitats lautet das Motto: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht noch was Besseres findet.“

Daher sollten Sie vor der eigentlichen ERP-Software-Auswahl geeignete ERP-Auswahlkriterien formulieren. Nur so können Sie das Feld der potenziellen Anbieter eingrenzen und das Richtige finden.

Für die Vorauswahl verschaffen Sie sich im Internet einen Marktüberblick. Allerdings hapert es häufig an der Vergleichbarkeit der verschiedenen Anbieter. Deshalb lassen sich manche Kundenunternehmen verleiten, aufgrund von unvollständigen Informationen einfach das preisgünstigste Angebot auszusuchen – und treffen damit eine folgenschwere Fehlentscheidung.

Aus diesem Grund sollten Sie nach der Vorauswahl an die Feinarbeit gehen. Für diese Phase erstellen Sie am besten eine ERP-Auswahl-Checkliste. Unser nachstehender Katalog stellt die fünf wichtigsten ERP-Auswahlkriterien zusammen. Diese helfen Ihnen, die richtigen Fragen zu stellen.

Die fünf wichtigsten ERP-Auswahlkriterien

1. Unterstützung Ihrer Prozesse

Die funktionalen Anforderungen an Ihre neue ERP-Software haben die höchste Priorität. Zusammen mit den Fachabteilungen sollten Sie Ihre Prozesse aufnehmen und überlegen, welche davon die neue ERP-Lösung abbilden soll. Die Frage ist: Eignet sich die ERP-Software für Ihre Prozesse und Branchenanforderungen?

Ist Ihr Unternehmen beispielsweise als Zulieferer im Automotive-Sektor tätig, so benötigen Sie eine Software, die Normen und Geschäftsprozesse im EDI-Bereich abbilden kann und eventuell auch spezifische, proprietäre Logistikkonzepte wie NLK und Perlenkette von VW und Audi. Eventuell sollte die ERP-Software eine hochauflösende Produktion unterstützen. Das bedeutet, dass die Software in Echtzeit belastbare Planungsdaten liefern muss, damit Sie keine Sicherheitsbestände vorhalten müssen.

In anderen Branchen stehen wieder andere Standards und Regularien im Fokus. Achten Sie also bei der ERP-Auswahl darauf, dass die Software Ihre branchenspezifischen Anforderungen im Systemstandard abbilden kann.


Im Zuge dieser Überprüfung schauen Sie sich an, welche Branchenerfahrung der ERP-Anbieter vorweisen kann. Läuft die Software bereits erfolgreich in vergleichbaren Betrieben? Liegen Anwenderberichte und Testimonials vor, die den erfolgreichen Einsatz glaubhaft machen? Eventuell sollten Sie diese Fragen stellen, wenn Sie bei der ERP-Auswahl eine Beratung in Anspruch nehmen.

2. Nichtfunktionale Anforderungen

Zu den nichtfunktionalen ERP-Auswahlkriterien gehören unter anderem Schnittstellen, die Erfüllung von Compliance-Anforderungen und die laufende Weiterentwicklung der Software.

  • Schnittstellen sind wichtig, um die neue ERP-Software in die bestehende IT-Landschaft Ihres Unternehmens integrieren zu können. Darüber hinaus möchten Sie die Möglichkeit haben, Daten aus Vorsystemen konsistent zu übernehmen.
  • Compliance-Anforderungen sind wieder stark von der Branche abhängig. Eine übergreifende Anforderung ist die revisionssichere Archivierung von steuerrelevanten Daten und Belegen in Deutschland. Wenn Sie sich für ein Cloud-System interessieren, sollten Sie darauf Wert legen.
  • Die Digitalisierung schreitet fort und wird durch neue Gesetze geregelt. Auch im Zuge der Harmonisierung von Rechtsbestimmungen entstehen immer neue Regularien oder alte werden abgeschafft. Branchenstandards entstehen und vergehen. Methoden verändern sich – zum Beispiel hin zu agilem Arbeiten und Kanban. Daher gehört auf Ihre ERP-Auswahl-Checkliste auch die Frage, ob der Anbieter seine Software permanent weiterentwickelt und auf dem aktuellsten Stand hält.
  • Ihre ERP-Lösung sollte der zunehmenden Mobilität von Daten und Anwendern Rechnung tragen. Die meisten Nutzer greifen heute über mobile – meistens eigene – Endgeräte auf Geschäftsdaten zu. Wenn die Unternehmenssoftware das nicht hergibt, entsteht eine Schatten-IT mit all ihren Sicherheitsrisiken. Daher beachten Sie bei der ERP-Auswahl, dass Ihre zukünftige Software auf mobilen Geräten gut nutzbar ist. Wenn Mitarbeiter direkt vor Ort Daten eingeben können, gewinnen diese an Aktualität und senken das Fehlerrisiko gegenüber einer nachträglichen Erfassung.

3. Skalierbarkeit, Flexibilität, Internationalisierung

Ihre Software soll Sie auch morgen noch unterstützen. Wenn Ihr Unternehmen wächst und Sie im Zuge der Digitalisierung neue Geschäftsmodelle entwickeln, soll das ERP-System mit Ihnen wachsen. Es soll die betriebsnotwendige Funktionalität, Kapazität und Performance langfristig zur Verfügung stellen. Daraus ergeben sich folgende Anforderungen:

  • Das ERP-System soll horizontal und vertikal skalierbar sein, das heißt, eine Ausweitung Ihrer Unternehmensaktivitäten in die Breite und in die Tiefe zulassen.
  • Darüber hinaus sollte es flexibel genug sein, um Changes, Umstrukturierungen und veränderte Abläufe sowie Methoden zu erlauben.
  • Internationalisierung gehört zu den wichtigsten Kriterien für die ERP-Software-Auswahl, wenn Sie Niederlassungen oder Geschäftstätigkeit im Ausland haben oder planen. Das ist mit einigen sprachlichen Anpassungen nicht getan: Auch die Buchhaltung, das Steuerrecht und viele andere Standards sowie Regularien unterscheiden sich von Land zu Land gewaltig. Ein Beispiel: Während Mittelständler in Deutschland häufig nach HGB buchen und bilanzieren, sind in den USA die Standards IFRS oder US-GAAP üblich.

4. Branchenerfahrung des Anbieters

Bei Ihrer ERP-Auswahl sollten Sie darauf Wert legen, dass der Anbieter bereits andere Unternehmen Ihrer Branche erfolgreich bedient.

Lassen Sie sich Testimonials, Anwenderberichte und Referenzen zeigen. Spätestens wenn die Anbieter Ihrer ERP-Auswahl zur Beratung oder zum Pitch bei Ihnen sind, sollten Sie sich detailliert erklären lassen, welches Branchen-Know-how diese mitbringen und in ihre ERP-Software implementieren.

Am besten wäre es, wenn Ihnen der Software-Anbieter einige Kunden nennt, bei denen Sie sich direkt über die Anwendung informieren können.

5. Kosten und Folgekosten der ERP-Auswahl

Die Kosten eines neuen ERP-Systems sind mit dessen Einführung nicht erledigt. Eine realistische Investitionsbetrachtung bezieht neben den Einstiegskosten auch die langfristigen Betriebskosten mit ein. Nur so ermitteln Sie den Total Cost of Change (TCC) über die gesamte Laufzeit der Investition. Hierzu gehören:

  • Implementierungskosten
  • Betriebskosten über die Laufzeit der Lösung (derzeit in Deutschland über zehn Jahre!)
  • Kosten des Veränderungsmanagements
  • Schulungskosten (auch künftige, wenn das Unternehmen wächst)

Um bei der ERP-Software-Auswahl die Kosten richtig einschätzen zu können, sollten Sie das Pricing des Anbieters genau durchleuchten.

Was erwerben Sie mit einer ERP-Lizenz? Erhalten Sie wirklich den vollen Funktionsumfang? Oder argumentiert der Anbieter, eine modulare Lösung sei kostengünstiger, weil Sie nur bezahlen, was Sie nutzen? Mitunter werden die Folgekosten nicht transparent dargelegt.

Die modulare Preisgestaltung kann einige Fallstricke haben. Wenn sich bei der Implementierung oder späteren Änderungen Optimierungswünsche ergeben, müssen Sie die entsprechenden Module plus Wartungsgebühren hinzukaufen.

Ein Extrembeispiel ging Anfang 2017 durch die Presse: Der britische Getränkehersteller Diageo sollte an SAP 55 Millionen britische Pfund nachzahlen, weil er „indirekt über Salesforce SAP-Produkte genutzt“ hatte. Die Nachzahlung betraf „entgangene Lizenz- und Wartungsgebühren“.

Achten Sie also bei der ERP-Auswahl auf transparentes Pricing, damit Sie nicht ebenfalls in die Kostenfalle gehen.

 

 

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