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Welche Komponenten beinhaltet die vierte industrielle Revolution?

Welche Komponenten beinhaltet die vierte industrielle Revolution?

Die Industrie hat sich in ihrer Geschichte aufgrund technologischer Fortschritte bereits dreimal tiefgreifend verändert. Nun vollzieht sich die vierte industrielle Revolution, welche im Zeichen modernster Informations- und Kommunikationstechnik steht.

Wie bereits bei den vorangegangenen, teils einschneidenden Veränderungen, so ergeben sich auch jetzt völlig neue Bedingungen für Unternehmen. Dieser Artikel zeigt auf, aus welchen Komponenten die digitale Revolution besteht und auf welche Handlungsfelder sich Entscheider einstellen müssen.

 

 


Industriegeschichte: Ein kurzer Rückblick

Um die Tragweite der digitalen Revolution zu verstehen, ist ein Rückblick auf die Geschichte der Industrie sinnvoll. Bis zum Jahr 1800 wurden Produkte ausschließlich in Handarbeit und in kleinen Stückzahlen gefertigt. Dann erfolgten drei tiefgreifende Veränderungen:

  • Erste industrielle Revolution: ca. 1800, Mechanisierung, unterstützt durch Wasserkraft und Dampf
  • Zweite industrielle Revolution: ca. 1900, Massenproduktion und Fließband mit elektrischer Energie
  • Dritte industrielle Revolution: ca. 1970, Automatisierung durch computergestützte Verfahren

Jede dieser revolutionären Entwicklungen führte dazu, dass die Produktivität von Unternehmen deutlich anstieg. Zahlreiche Arbeitsplätze gingen verloren, während andere neu entstanden. Einige traditionsreiche Unternehmen verschwanden vom Markt, weil sie sich den Entwicklungen nicht rechtzeitig angepasst haben. Andere wiederum konnten ihren Erfolg deutlich ausweiten.

Auch die vierte industrielle Revolution hält völlig neue Chancen für Unternehmen bereit. Um diese zu ergreifen, sind insbesondere neue Konzepte der Organisationsgestaltung erforderlich. Diese sehen wir uns im Folgenden näher an.

Vierte industrielle Revolution als Konzept der Organisationsgestaltung

Die digitale Transformation in Unternehmen erfordert neue Organisationskonzepte. Diese basieren auf vier grundlegenden Prinzipien:

  • Vernetzung
  • Informationstransparenz
  • dezentrale Entscheidungen
  • technische Assistenz

Die unternehmerische Aufgabe besteht nun darin, anhand dieser vier Prinzipien Industrie-4.0-Szenarien zu identifizieren und in sämtlichen Unternehmensbereichen zu implementieren.

Handlungsfeld 1: Volle Vernetzung

Die Fabrik der Zukunft ist im Idealzustand eine Logistik- und Produktionsumgebung, die sich ohne manuelle Eingriffe selbst organisiert. Hierfür ist eine vollständige Vernetzung von Menschen, Maschinen und Gegenständen aller Art über Bereichs- und Unternehmensgrenzen hinweg erforderlich. Das Produkt teilt der Produktion alle relevanten Informationen selbst mit. Auf Basis dieser Daten erfolgt die Steuerung sämtlicher Produktionsschritte, bis das gewünschte Endergebnis erreicht ist.

Die Kommunikation zwischen Gegenständen und Fertigungsanlagen erfolgt überwiegend drahtlos über das Internet of Things. Wichtige Technologien sind hierbei RFID, NFC und Sensoren. Damit sich eine Smart Factory anhand von Fertigungsinformationen selbst steuern kann, muss jedes Objekt Informationen verarbeiten und weitergeben können.

Die Praxisherausforderung besteht derzeit unter anderem darin, dass intelligente Maschinen und Sensoren Unmengen an Daten erzeugen, welche in Echtzeit übertragen und verarbeitet werden müssen. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an Kommunikationsnetze. Zudem ist der Speicherbedarf enorm, wodurch Cloud-Angebote immer stärker in den Vordergrund rücken.

Handlungsfeld 2: Informationstransparenz

Die vierte industrielle Revolution führt dazu, dass die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt verschwimmen. Eine autonome Produktion kann nur dann Realität werden, wenn die gesamte Fertigung virtuell abgebildet wurde. Hierfür reicht es nicht mehr aus, nur die Prozesse in Systemen abzubilden. Die vorhandenen Informationen müssen nun lückenlos mit Sensordaten aus Anlagen, Maschinen und Erzeugnissen angereichert werden. Diese Sensordaten sagen nicht nur aus, um welches Objekt es sich handelt. Es werden verschiedenste Zustandsinformationen weitergegeben, aus denen intelligente Software das optimale Vorgehen selbst ableiten kann.

Handlungsfeld 3: Dezentrale Entscheidungen

Ein weiteres Novum für Unternehmen wird es sein, dass künftig sogenannte cyber-physische Systeme die Rolle des Vermittlers zwischen realen und virtuellen Komponenten übernehmen. Sie verknüpfen Hardware und Intelligenz der smarten Fabrik, wobei sie höchsten Beanspruchungen ausgesetzt sind.

Um einen reibungslosen Datenaustausch zu gewährleisten, sind cyber-physische Systeme mit Sensor-, Prozessor- und Funktechnik ausgestattet. Aufgrund der enormen Datenmengen sind außerdem Big-Data-Technologien zu implementieren. Die Rechenleistung muss so ausgelegt sein, dass extrem kurze Zugriffszeiten und eine performante Informationsverarbeitung gewährleistet sind.

Das übergeordnete Ziel dieser Systemarchitektur ist es, dass Software eigenständige Entscheidungen treffen und sämtliche Aufgabenstellungen autonom erledigen kann. Lediglich in Ausnahmefällen, etwa bei Störungen, soll sie Aufgaben an eine definierte Instanz weiterleiten.

Handlungsfeld 4: Technische Assistenz

Die digitale Revolution wird das Arbeitsleben deutlich erleichtern. Assistenzsysteme werden Menschen dabei unterstützen, Entscheidungen fundiert zu treffen und auftretende Schwierigkeiten möglichst schnell zu beheben. Von den Systemen werden hierfür aggregierte, verständliche und visualisierte Informationen bereitgestellt. Ein bereits existierender Ansatz ist in diesem Bereich beispielsweise Augmented Reality. „Technische Assistenz“ bedeutet jedoch auch, dass Mitarbeiter bei unangenehmen, gefährlichen oder anstregenden Tätigkeiten physisch unterstützt werden.

Deutschland 4.0 – Wo bleibt der Mensch?

Bislang haben industrielle Revolutionen im Endeffekt stets zu mehr Arbeitsplätzen geführt, auch wenn die Übergangsphasen teils schmerzhaft waren. Die vierte industrielle Revolution könnte jedoch nun erstmals einen anderen Effekt auslösen. Der wesentliche Unterschied zu bisherigen Entwicklungen ist, dass sich der technologische Wandel diesmal nicht auf die industrielle Fertigung beschränkt, sondern gleichzeitig in annähernd allen Bereichen der Wirtschaft stattfindet.

Maschinen und Software dringen jetzt in Bereiche vor, in denen sie bisher nicht einsetzbar waren. Durch immer intelligentere Technologien wird es möglich sein, nicht nur manuelle, sondern auch kognitive Jobs zu ersetzen. All dies geschieht in einer Geschwindigkeit, die stetig zunimmt.

Martin Sonnenschein, Partner und Europachef bei der Unternehmensberatung A.T. Kearney, glaubt, dass in 20 Jahren fast die Hälfte aller Arbeitsplätze in Deutschland durch Roboter ersetzt sein werden. Mit dieser Meinung steht er nicht alleine. Weit oben auf der „roten Liste“ stehen Büro- und Verwaltungsjobs, Berufskraftfahrer, Berufe im Gastronomieservice, Berufe der technischen und kaufmännischen Betriebswirtschaft sowie Post- und Zustelldienstleistungen.

Wird sich die gesamte Gesellschaft verändern?

Zahlreiche Experten vertreten die Auffassung, dass die digitale Transformation in Unternehmen zu einem kritischen Effekt führen wird: Während die Wirtschaft wächst, werden auch die Arbeitslosenzahlen deutlich zunehmen. Unternehmen werden ihre Produktivität und ihre Gewinne weiter steigern können, während sie immer weniger Mitarbeiter beschäftigen. Ist Deutschland 4.0 daher möglicherweise ein düsteres Zukunftsszenario?

Auf lange Sicht wird sich die Frage stellen, ob Einkommen aus klassischer Erwerbstätigkeit in einer Welt, in der immer größere Teile der Wertschöpfung von Maschinen und Software erbracht werden, überhaupt noch das passende Szenario ist. Finnland experimentiert deshalb bereits mit dem bedingungslosen Grundeinkommen. Einige Experten halten dieses Modell gar für den einzigen Weg, um die Kaufkraft und den sozialen Frieden aufrechtzuerhalten. Finanzierbar wäre das bedingungslose Grundeinkommen beispielsweise durch eine Besteuerung von Maschinen.

Fazit: Die vierte industrielle Revolution wird dank hoch entwickelter Technologien und steigender Effizienz erneut mehr Wohlstand bringen. Unklar ist jedoch, ob es Modelle geben wird, mit denen sich die Früchte der digitalen Revolution so verteilen lassen, dass nicht nur Unternehmensinhaber davon profitieren.